Ein Artikel im Stadard beschreibt die Lage der Physikalischen Therapie in Österreich.

Physikalische Medizin: Dringender Ausbau der Kapazitäten gefordert

Österreich benötigt einen deutlichen Ausbau der Kapazitäten in der Physikalischen Medizin. Grund dafür ist die demografische Entwicklung der Bevölkerung. Eine Erweiterung der Behandlungsangebote würde sich auch gesundheitspolitisch rechnen“, heißt es von Experten.

„Die Physikalische Medizin ist die therapeutische Anwendung physikalischer Reize vor allem zur Schmerzlinderung, zur Erhöhung der Beweglichkeit und zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit oder der Fähigkeit, das Alltagsleben wieder unabhängig führen zu können“, sagt Richard Crevenna, Chef der Universitätsklinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin der Med-Uni Wien (AKH).

Kälte, Wärme, Elektrizität, Licht, Klima oder mechanische Reize sind die Bausteine. Für die Wirksamkeit der physikalischen Therapie gibt es handfeste wissenschaftliche Beweise. Eine Beobachtungsstudie der Med-Uni Wien hat beispielsweise ergeben, dass zehn Sitzungen im Rahmen einer Physiotherapie bei Patienten mit Beschwerden des Stütz- und Bewegungsapparates die Schmerzen um rund 40 Prozent reduzierten. Die Beweglichkeit stieg um rund ein Drittel, das Wohlbefinden um mehr als ein Viertel. 61 Prozent der Patienten benötigten keine Schmerzmittel mehr. In den USA wird bei Beschwerden des Bewegungs- und Stützapparates bereits empfohlen, primär auf die Physikalische Medizin zurückzugreifen.

Folgekosten sparen

„Jeder Euro für Physikalische Medizin spart zwei Euro an Folgekosten“, sagt Friedrich Hartl, Obmann der Bundesfachgruppe der „Physikalisten“ in der Österreichischen Ärztekammer. Bei bereits jetzt knappen Behandlungskapazitäten sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich werde sich die Situation weiter verschärfen, wenn die Politik nicht entsprechend handle.

„In den vergangenen 15 Jahren ist die Zahl der Patienten im Alter zwischen 45 und 65 Jahren in der Physikalischen Medizin um 28 Prozent gestiegen, die der 65- bis 74-Jährigen um 26 Prozent“, so Hartl. Bei einem faktisch bereits vorgegebenen Zuwachs der Zahl der Menschen im Alter über 65 Jahre bis zum Jahr 2030 um 31 Prozent gebe es massiven Ausbaubedarf.

Eine Expertengruppe hat in Kooperation mit der Gesundheit Österreich GmbH den zukünftigen Versorgungsbedarf auf dem Gebiet errechnet: Bis zum Jahr 2030 dürfte er im akut stationären Bereich (Spitäler) um 22 Prozent steigen, im Bereich der Krankenhausambulanzen um 18 Prozent. Im extramuralen Sektor dürfte der Bedarfszuwachs bis zum Jahr 2030 rund 15 Prozent betragen.

Ausbildung ausbauen

Der Kreis der Patienten reicht von Kleinkindern bis zu multimorbiden Personen in den höchsten Altersklassen, bei denen vor allem die Wiedererlangung zum Führen eines möglichst normalen Alltagslebens im Vordergrund steht. Selbst Patienten auf Intensivstationen profitieren von einer Frührehabilitation.

Eine aktuelle Studie mit schwerstkranken Intensivpatienten hat ergeben, dass sie bei zusätzlicher Behandlung durch ein Reha-Team im Durchschnitt um sieben Tage früher nach Hause entlassen werden konnten, sagt die Wiener Expertin Tatjana Paternostro-Sluga (SMZ-Ost).

„Ein flächendeckender Ausbau der Kapazitäten würde wohl auch zu Einsparungen bei den Gesundheitsausgaben bringen“, so Paternostro-Sluga. Dazu wäre aber eine Intensivierung der Ausbildungsmöglichkeiten für Fachärzte für Physikalische Medizin notwendig. In Österreich sind derzeit 350 solche Fachärzte tätig. (APA, 15.11.2017)

Quelle: http://mobil.derstandard.at/2000067858570/Physikalischer-MedizinViel-mehr-Kapazitaeten-in-notwendig